Der Leiter der Außenstelle Cham, Klaus Kozuch, stellte in seinem einführenden Vortrag die Opferschutzorganisation WEISSER RING vor, unterstützt durch einen Imagefilm. Wie nötig dies war, ergab eine Umfrage unter den Teilnehmern der Präventionsveranstaltung. Nur 40 bis 45 Prozent der Anwesenden kannten den WEISSEN RING.
Vor 41 Jahren wurde der WEISSE RINGS gegründet mit dem Ziel, Opfern von Straftaten zu helfen, so Kozuch. Das vom Staat etablierte OEG (Opferentschädigungsgesetzt) reiche bei Weitem nicht aus, betonte er.
Auf seiner Internetseite formuliert der gemeinnützige Verein sein Anliegen wie folgt:
Umfassende Hilfe für Menschen, die von Straftaten betroffen sind: Darum geht es uns. Deshalb unterstützen wir Betroffene ganz praktisch, setzen uns politisch für die Belange der Opfer ein und engagieren uns für die Kriminalprävention.
Klaus Kozuch, pensionierter Polizeibeamter, setzt sich seit 2010 für Kriminalitätsopfer ein. Aus seiner Berufspraxis weiß er, dass Polizisten in ihrer täglichen Arbeit kaum Zeit für Opfer aufbringen können.
In einem zweiten Film führte Kozuch eindrucksvoll vor Augen, wie schnell Menschen zu Opfern werden können. Die im Film nachgestellten Fallbeispiele, mit denen ehrenamtliche Mitarbeiter so oder ähnlich immer wieder konfrontiert werden, lösten im Veranstaltungssaal augenscheinlich große Betroffenheit unter den Teilnehmern aus.
An einem aktuellen Opferfall aus dem Landkreis Cham veranschaulichte Klaus Kozuch anschließend, wie dringend Opfer Hilfe benötigen. Eine junge Frau, mit K.-o-Tropfen willenlos gemacht und vergewaltigt, konnte sich erst viele Stunden nach der Tat überhaupt jemandem anvertrauen. Die Verletzungsspuren der Vergewaltigung konnten von einem Arzt nachgewiesen werden, jedoch nicht mehr die Verabreichung von K.-o.-Tropfen. Die junge Frau hätte sich zur Beweissicherung sofort nach der Tat bei der Polizei melden müssen, wozu sie aber überhaupt nicht imstande gewesen war. Die Täter wurden nicht verurteilt.
Sichtlich bewegt verfolgte Dr. Thomas Etti die Schilderungen des Tathergangs.
In seinem anschließenden Vortrag über K.-o.-Tropfen und die darin enthaltenen Substanzen wurde der Leiter der Notaufnahme Cham sehr deutlich. K.-o.-Tropfen seien keine Spaßdroge, sie können Menschen umbringen. Wer in krimineller Absicht jemandem K.-o.-Tropfen verabreiche, nehme das Risiko in Kauf, ihn umzubringen. Erschreckend war für die Teilnehmer, konkrete Zahlen zu hören: Die Zahl der „Fälle“ habe sich verfünffacht. Es gehe hier um Menschen, die nicht mit dem Leben, sondern besser gesagt mit dem Tode ringen, so Etti.
K.-o.-Tropfen bestehen aus der „Muttersubstanz“ Gamma-Butyrolacton (GBL) und sind schwer zu dosieren, ein Milliliter zu viel kann zu Atemstillstand führen. Substanzen zur Herstellung der Tropfen sind frei zugänglich und bspw. im Internet erhältlich, eine Tatsache, die unter den Teilnehmern großes Unverständnis auslöste. Dennoch wird GBL zu Industriezwecken, bspw. zur Herstellung von Pflanzenschutzmitteln, legal gehandelt.
Auf Zuhörerfragen, warum seitens der Politik der freie Verkauf nicht unterbunden werde, hat Dr. Etti keine Lösung, dafür Ratschläge parat. Jeder könne einiges tun, um Schlimmeres zu verhindern. Er verweist auf die großen blauen Plakate, die vom Kreisjugendring und der Bayerischen Sportjugend in Kooperation mit dem WEISSEN RING verteilt wurden. Auf ihnen sind drei QR-Codes zu sehen, die jeder mit dem Mobilgerät einscannen kann, um zu wichtigen Information zu gelangen, etwa wie man sich vor einer Verabreichung von K.-o.-Tropfen schützen kann, was man im Notfall tun muss und welche Hilfen Betroffene bekommen können. Diese Informationen können Nutzer dann auch weitersenden.
Die Botschaft von Dr. Thomas Etti war unmissverständlich:
K.-o.-Tropfen sind schwerst gefährlich.
Er regte mit Blick auf die Plakate an, in Zusammenarbeit mit dem WEISSEN RING oder bspw. DONUM VITAE weitere Aktionen durchzuführen.
Dr. Thomas Etti kündigte Aktionen des Netzwerkes „K. o. den Tropfen“ an, wie Aufklärung vor Diskos und Gespräche mit Gaststättenbetreibern.
Bleiben Sie dabei, helfen Sie uns, dass wir hier nicht irgendwann mit den K.-o.-Tropfen jemandem haben, der vielleicht zu noch größerem Schaden kommt, als dass ihm die Geldbörse geraubt wurde, […] dass ihm Gewalt angetan wird und […] zu Tode kommt.
Die Teilnehmer der Präventionsveranstaltung konnten anhand der praxisnahen, anschaulichen Ausführungen von Dr. Thomas Etti und Klaus Kozuch sehr viel für ihre Arbeit in den Jugendgruppen mitnehmen, so Äußerungen einiger Zuhörer.